Gewehrkader beim RIAC in Luxemburg
  13.12.2022 •     HSV


Vom 7. bis 10. Dezember fand in der Luxemburgischen Gemeinde Strassen die 39. Ausgabe des RIAC („Rencontre internationale de tir aux armes à air comprimé“) statt. Der Wettkampf, bei dem sich alljährlich die besten Luftdruck-Schützen Europas miteinander messen, wird vom Luxemburgischen Sportschützenverband organisiert.Diesmal hatten auch einige Athleten des hessischen Gewehrkaders die Gelegenheit, in Luxemburg anzutreten. Der hessische Gewehr-Landestrainer Bill Murray berichtet:

Zum ersten Mal seit 2017 durften wieder Hessens beste Luftgewehr-Schützen beim RIAC in Luxemburg antreten. Der RIAC ist eine sehr beliebte Veranstaltung. An drei Tagen findet jeweils ein Luftgewehr-Wettkampfprogramm von 60 Schuss für Frauen und Männer in den Erwachsenen- und Junioren-Klassen statt. Das Finale wird nach den neuesten ISSF-Regeln geschossen. Die Veranstaltung wird von Schützen für Schützen organisiert. Unser Dank gilt Mil Manderscheid, dem Präsidenten des Luxemburgischen Sportschützenverbandes, und seinen netten und unermüdlichen Helfern.

Unter anderem waren Norwegen, Schweden, Großbritannien, Belgien und die Schweiz mit Bestbesetzung am Start. Und die Qualifikationswettkämpfe neben Stars wie der Britin Seonaidh McIntosh, der zweitbesten Europäerin bei der WM in Kairo, und der Schweizerin Nina Christen, der KK-Sportgewehr-Olympiasiegerin von Tokyo, schießen zu dürfen, wäre für alle Mitglieder des Hessenkaders traumhaft genug. Aber Merle Baucke konnte noch eins darauflegen. Trotz einer starken Erkältung steigerte sie am ersten Wettkampftag ihre persönliche Bestleistung erheblich auf 628,6 Ringe und zog damit ins Finale ein. Sich auf Augenhöhe mit den Stars zu vergleichen war eine Erfahrung, die ihr offensichtlich so gutgetan hat, dass sie auch am Folgetag mit 626 Ringen noch einmal ins Finale einzog. Am dritten Wettkampftag wurde ihre Erkältung dann leider so stark, dass sie sich vom Wettkampf zurückziehen musste.

Egal wie sehr die Wettkämpfe im Gewehrschießen auch umgestaltet werden, um sie vermeintlich medienwirksamer zu machen, der Schießsport bleibt im Großen und Ganzen eine Sache für Connaisseurs. Wie viel mehr wurde über Lionel Messi geschrieben im Vergleich zu Seonaidh McIntosh? Aber wer besitzt in ganz Europa sonst die Fähigkeit, die technische sowie die mentale Reife, um die Reise von Schottland nach Luxemburg zu einem internationalen Wettkampf zu unternehmen, und nach kurzem Training am Folgetag seinen Wettkampf mit einer Serie von 107,0 Ringen im Stehendanschlag zu eröffnen? Zumindest bei mir hat diese Vorstellung für Gänsehaut gesorgt.

Das neue Final-Format der ISSF, das auf dem RIAC geschossen wurde, war für fast alle Teilnehmer Neuland, und eine sehr gelegene Chance, Erfahrungen zu sammeln. Und auch wenn die Medaillien unter den Stars ausgemacht wurden, konnten sich Max Ohlenburger bei den Herren, sowie Luzien Wünsche, Mika Peter und Emma Pohlmann bei den Junioren und Juniorinnen über den Finaleinzug freuen. Hier konnten sie den Kampf um die Medaillen aus erster Hand erleben und mitgestalten. Sie mussten allerdings auch erleben, wie sehr das Sitzfleisch belastet wird, wenn man sich frühzeitig aus dem Finale verabschieden muss.

Die Hessen waren jedoch nicht nur gekommen, um Erfahrungen zu sammeln. Auch die Deutsche Meisterin der Juniorinnen, Lea Ruppel, gehört zum hessischen Team. Und auch Lea hatte sich für das Finale der Juniorinnen am ersten Wettkampftag qualifiziert. Nach dem 25-Schuss Ranking Match zog sie, ringgleich mit ihrer Gegnerin Thiril Tran Brendryen aus der Norwegischen Nationalmannschaft ins Gold Medal Match ein. Damit war ihr Silber schon sicher. Lea ging früh in Führung und bis zum 8:8 blieb der Wettkampf ausgeglichen. Die für Lea ungewohnte Länge des neuen Finals zeigte dann aber seine Wirkung. Ihr Schussbild öffnete sich und zum Schluss musste sie sich mit 17:11 geschlagen geben. Immerhin gab es Silber.

Am zweiten Wettkampftag war es die 18-jährige Katrin Grabowski vom SV Steindorf, die sich bei ihrem ersten internationalen Wettkampf im Ausland für das Finale der Juniorinnen qualifizieren konnte. Katrin war auch fest entschlossen, das Finale nicht nur nach einem frühzeitigen Abschied vom Verliererstuhl aus zu erleben. Eine Weile lag sie im Ranking Match sogar in Führung und bis zum 25. Schuss hatte sie zumindest einen Fuß im Gold Medal Match und eine Hand an der Bronzemedaille. Aber eine schlechte 9 beim 25. Schuss ließ alle Träume platzen. Am Ende war es für Katrin der vierte Platz.

Am dritten Wettkampftag fehlten uns die Bundesligisten Tom Barbe, Max Ohlenburger und Lea Ruppel, die schon zurück nach Deutschland fahren mussten. Leider waren auch Merle Baucke und Lina Krebs zu krank zum Schießen. Und auch der Rest der Mannschaft blieb nicht von der Erkältung verschont.

Katrin Grabowski wollte die Niederlage vom Vortag allerdings nicht stehen lassen. Wieder zog sie mit 623,6 Ringen ins Finale der Juniorinnen ein. Mit einem Schnitt von fast 105 Ringen gewann sie auch das Ranking-Match und zog als Erste ins Gold Medal Match ein. Wieder stand ihr hier die Norwegin Thiril Tran Brendryen gegenüber. Zum Beginn des Finales sah es dennoch nach einer klaren Sache aus. Katrin lag mit 10:2 in Führung. Aber dann sorgte der norwegische Fan-Club mit Klatschen und Kuhglocken für ordentlich Lärm. Die Norwegerin begann mit einer Serie von hohen Zehnern, inklusive zweimal 10,9. Katrin ließ sich nicht aus der 10 stoßen, aber immer wieder lag sie ein oder zwei Zehntel unter den Werten der Norwegerin. So kam es zum 12:12 Ausgleich. Auch eine 10,7 mit dem nächsten Schuss genügte Katrin nicht, denn ihre Gegnerin schafft den gleichen Wert. Es stand also 13:13. Dann steht es 15:13 für die Norwegerin. Diesmal schaffte Katrin den Ausgleich als die Norwegerin nur eine Neun trifft. Mit 15:15 erreichte die Spannung ihren Gipfel, denn das neue Finale gewinnt derjenige, der als erster die magische Zahl von 16 Punkten erreicht. Also: Stechschuss um die Goldmedaille. Katrin schießt zuerst, 10,1 – es sieht nicht gut genug aus. Aber ihre Gegnerin konnte den Stress noch weniger aushalten. Sie versuchte nachzusetzen, was bei 50 Sekunden sowieso gewagt ist, und zieht eine Sekunde vor Schluss ab. Aber das Pünktchen wird nur gelb.
Damit hat Katrin Grabowski ihren ersten internationalen Wettkampf gewonnen und das Jahr, in dem sie auch Deutsche Meisterin mit dem Sportgewehr geworden ist und sich für den Nationalkader 2023 qualifiziert hat, kurz vor Weihnachten zu einem gelungenen Abschluss gebracht.
 

Die Ergbnisse der Veranstaltung gibt es hier.


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